Auch umgekehrt – sprich, wenn erneuerbare Energiequellen bereits vorhanden sind – spielt der Standortfaktor eine große Rolle. Der Ausbau erneuerbarer Energien leistet einen Beitrag zur Standortattraktivität für Unternehmen bzw. zum Erhalt bestehender Unternehmensansiedlungen und hat einen zunehmenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit von Niederlassungen.1, 2, 3
2023 stellte ein Rekordjahr für den Ausbau von Photovoltaikanlagen dar – über eine Million neue Solaranlagen wurden installiert, besonders durch Privathaushalte getrieben. Auch in diesem Jahr wird der Ausbau regenerativer Energiequellen weiter zunehmen, geprägt von Innovationen und einem verstärkten Ausbaubedarf im globalen Süden. Doch welche Faktoren beeinflussen, ob ein Projekt der erneuerbaren Energien erfolgreich sein kann und sich auch rechnet? Denn Wirtschaftlichkeit bleibt, neben dem positiven Beitrag zu einer klimaneutralen Zukunft, natürlich ein entscheidendes Kriterium bei der Realisierung von Naturstromanlagen. In dieser Übersicht beleuchten wir für Sie, welche Faktoren bei der Auswahl von Standorten für Projekte der erneuerbaren Energien eine Rolle spielen, wie sich diese von Faktoren bei Immobilienprojekten abheben, wie mögliche Standorte bei Exporo ausgewertet werden und welche Herausforderungen die Standortsuche mit sich bringt.
Treiber der Standortauswahl: Mikrolage, Makrolage und politische Faktoren
Anders als bei Projekten im Bereich Immobilienentwicklung spielen menschliche Faktoren, wie Einkaufsmöglichkeiten, die Beliebtheit des Standorts oder der regionale Arbeitsmarkt, keine Rolle bei Projekten der erneuerbaren Energien. Tatsächlich können innerstädtische Lagen sogar nachteilig sein, im Falle von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) beispielsweise durch Verschattung aufgrund von Gebäuden oder fehlender, nutzbarer Fläche.
Die Mikrolage bei erneuerbaren Energien
Bei der Mikrolage eines Standorts für Projekte der erneuerbaren Energien werden lokale Faktoren betrachtet. Dazu gehören beispielsweise:
- Bei PV-Anlagen die Ausrichtung oder Verschattung. Selbst kleine Verschattungen führen bei PV-Anlagen bereits zu größeren Ertragseinbußen. Eine Verschattung kann zum Beispiel durch umliegende Gebäude und Bäume oder durch Verschmutzungen von Solarmodulen entstehen. Im Gegensatz zu verminderter Sonneneinstrahlung, wie bei bewölktem Himmel, hat eine Verschattung langfristige Auswirkungen auf die Effizienz der Anlage.
- Die Anbindung ans öffentliche Netz ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Auswahl des Standorts. Netzbetreiber müssen den Anschluss an das Stromnetz und die damit verbundene Einspeisung ins öffentliche Netz genehmigen. Der Genehmigung geht ein überwiegend bürokratischer, mehrwöchiger Vorgang inklusive Netzverträglichkeitsprüfung voraus.
- Die Frage der Baufreiheit muss ebenfalls geklärt werden – gibt es beispielsweise Baubeschränkungen, die der Errichtung einer Naturstromanlage im Wege stehen? Am Beispiel von PV-Anlagen könnte dies zum Beispiel eine Entscheidung zwischen der Errichtung von Anlagen auf einem Acker entgegen der Installation auf einer Scheune sein.
- Bei Windkraftanlagen betrachten individuelle Windgutachten, wie geeignet ein Standort für eine Anlage ist. Dabei werden unter anderem Faktoren wie Windschatten, zu erwartende Nutzungseinschränkungen wie z. B. Vereisung und eine Prognose für die mittlere Windgeschwindigkeit am Standort sowie der zu erwartende Energieertrag einbezogen.
Die Makrolage bei erneuerbaren Energien
Die Makrolage für Erneuerbare-Energien-Anlagen bezieht sich auf die regionale Umgebung der Anlage. Wichtigster Faktor dabei ist der Weg zur Stromtrasse. Zu beachten ist dabei beispielsweise:
- Wie können Offshore-Windkraftanlagen mit dem Netz an Land verbunden werden?
- Welche Eigentumsrechte liegen auf dem Weg zur Stromtrasse – müssten Leitungen beispielsweise auf Privatboden verlegt werden?
- Gibt es einen Trafo in der Nähe, der den Strom aus der Naturstromanlage für die Einspeisung ins Stromnetz bezüglich Spannung und Energiefluss umwandeln kann?
Politische, gesellschaftliche und emotionale Faktoren
Neben den oben genannten Standortfaktoren fließen bei der Suche nach einer geeigneten Lage für Projekte der erneuerbaren Energien auch komplexere, gesellschaftliche und regulatorische Faktoren mit ein, darunter:
- Die politische Ausrichtung der betreffenden Gemeinden oder Länder: Wird Windkraft zum Beispiel durch die örtliche Politik gefördert oder trifft ein solches Vorhaben eher auf Ablehnung?
- Länderspezifische und bundesweite Gesetzgebungen: Welche Abstandsregeln gelten, z. B. bei Windkraftanlagen in der Nähe von Siedlungen, wie viele Windflächen sind zugelassen, welche Flächen fallen unter Naturschutz oder Denkmalschutz?
- Denkmalschutz von Gebäuden: Unter welchen Bedingungen können PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden installiert werden? Auch hier gibt es regionale Unterschiede – teilweise ist es gesetzlich ausgeschlossen, PV-Anlagen auf Denkmälern zu errichten, teilweise ausdrücklich genehmigt.
- Der Faktor Boden- bzw. Flächenversiegelung spielt vor allem bei PV-Anlagen eine Rolle und muss bei der Planung mitgedacht werden. Hier sind auch neuere kombinierte Anlagen, z. B. sogenannte Agri-Solar-Anlagen, die eine gleichzeitige landwirtschaftliche und energiewirtschaftliche Nutzung ermöglichen, eine Lösung gegen Flächenverbrauch.
- Lokale Akzeptanz: Besonders bei Windkraftanlagen kommt es häufiger zu Gegenwind durch Anwohner oder Naturschützer, wobei Faktoren wie Infraschall oder Lärmbelästigung, eine getrübte Optik durch die Anlage oder Verschattung als Auswirkungen der Windkraftanlage angeführt werden.