Die Visualisierung zeigt ein modernes Einfamilienhaus mit Steinverkleidung und großen Fenstern, vor dem ein weißes Elektroauto an einer Ladestation aufgeladen wird. Das Haus ist von grünen Bäumen und Sträuchern umgeben und verfügt über Solarzellen auf dem Dach. Dies veranschaulicht, wie Elektromobilität und nachhaltige Energien in der Immobilienbranche zusammenkommen können.
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Dagmar Hotze

Elektromobilität: Elektrische Flitzer als Wohnservice

Eigenes Auto oder Carsharing, Benzin oder Elektro? Wo wird in Zukunft geparkt? Die Herausforderungen der Mobilität der Zukunft können erstaunlich viele Auswirkungen auf die Immobilienbranche haben. Und gleichzeitig gemeinsam voneinander profitieren.

Etwa eine Million Elektroautos sollten bis 2020 auf bundesdeutschen Straßen umherflitzen. Doch aus den ambitionierten Plänen der derzeitigen Bundesregierung wird nichts. Gerade einmal 34.000 Stromer sind hierzulande zugelassen. Und selbst wenn die siebenstellige Zielmarke erreicht werden würde, läge der Anteil von Elektroautos am gesamten Fahrzeugaufkommen bei lediglich zwei Prozent. Marktdurchdringung sieht anders aus. Zukunftsfähige Mobilitätskonzepte ebenfalls. Denn vielfach wird die Diskussion so geführt, als wäre es mit dem Austausch von Dieselfahrzeugen und Benzinern gegen elektrisch angetriebene Vehikel getan. So einfach ist es jedoch nicht. Soll die Verkehrswende gelingen, gehört auch die Stadt- und Gebäudeplanung dazu.

Autos nehmen Platz weg

Wer in einer Großstadt unterwegs ist, der erlebt hautnah, dass Mobilität dringend neu gedacht werden muss, wenn es sprichwörtlich vorwärts gehen soll. In Berlin etwa sind bei rund 3,5 Millionen Einwohnern fast 1,2 Millionen Pkw zugelassen. Jeder dritte Berliner hat also ein Auto. In München besitzt jeder zweite einen Pkw. Und in Hamburg kommen auf 1.000 Einwohner 402 Autos. Nicht nur, dass die Karossen Staus, Lärm und Abgase verursachen. Sie nehmen auch Platz weg. Denn im Schnitt stehen sie pro Tag 23 Stunden ungenutzt herum. 17 % der Verkehrsfläche Münchens beispielsweise wird von Autos verbraucht. Damit steht sie nach der Bodennutzung für Gebäude- und Freiflächen (44 %) an zweiter Stelle. Erholungsflächen haben dagegen nur einen Anteil von gut 15 %. Ließe sich die wertvolle Ressource nicht sinnvoller verwenden, insbesondere vor dem Hintergrund knapper Flächen für den Wohnungsbau und dass Städte "grüner" werden sollen? Wie könnten alternative Mobilitätskonzepte in Großstädten also aussehen?

Wohnen und Mobilität zusammenhängend planen

Eines der wegweisenden Leuchtturmprojekte ist das 2015 realisierte Aktiv-Stadthaus in Frankfurt am Main. Das innerstädtische Gebäude mit 74 Mietwohnungen gilt nicht nur als Meilenstein auf dem Weg zu einem energiebewussten Wohnkomfort im 21. Jahrhundert. Den Planern (HHS Planer + Architekten AG aus Kassel und EGS Plan Ingenieurgesellschaft aus Stuttgart) und dem Investor (Wohnungsbaugesellschaft ABG FRANKFURT HOLDING) war es außerdem wichtig, eine moderne Mobilitätslösung in das Gebäudekonzept zu integrieren, um einerseits Fläche und damit Baukosten zu sparen und andererseits den Mietern die Möglichkeit zu geben, zeitgemäß mobil zu sein. Die Rechnung ist aufgegangen: Über den Car-Sharing-Anbieter Book-n-Drive stehen den Bewohnern acht Elektroautos zur Verfügung, die auf Parkplätzen an Ladesäulen im Erdgeschoss für eine Spritztour bereitstehen. Betankt werden die Flitzer mit Solarstrom, den das Gebäude selbst über 1.000 hocheffiziente Photovoltaik-Module auf dem Dach und 330 in die Gebäudehülle integrierte, dünnschichtige BIPV-Module (building-integrated-photovoltaic) erzeugt, der dann in einem Stromspeicher zwischengespeichert wird.

Günstige E-Mobilität als Wohnservice

Einen Euro kostet die Nutzung eines E-Autos pro Stunde. Eine monatliche Gebühr fällt nicht an. Auf einem intelligenten Dashboard, das in jeder Wohnung des Aktiv-Stadthauses hängt und Informationen wie Energiewerte und die Wettervorhersage anzeigt, sehen die Mieter, ob und wann ein Fahrzeug frei ist. Mit wenigen Klicks ist es dann gebucht. Das Drumherum, das ein eigener, konventioneller Pkw mit sich bringt, entfällt. Keine Stellplatzmiete, keine lästige Parkplatzsuche. Ganz zu schweigen von Sprit- und Versicherungskosten. Etliche Bewohner sind mittlerweile umgestiegen, nutzen entweder das Car-Sharing-Angebot, den ÖPNV oder das Fahrrad. Für ABG-Chef Frank Junker gehört E-Mobilität selbstverständlich zu einem urbanen Wohnangebot dazu. Seit 2012 ist der größte Frankfurter Wohnungsanbieter zusammen mit dem Energielieferant Mainova mit jeweils einem Drittel an dem Autovermieter beteiligt.

Neubau-Stadtquartier mit Mobilitätsberatung

In der Lincoln Siedlung im Süden Darmstadts denkt man Mobilität ebenso konsequent weiter. Hier entsteht auf einem rund 24 Hektar umfassenden ehemaligen Areal des US-Militärs in den nächsten Jahren ein neues Stadtquartier für 3.000 Menschen aller Alters- und Einkommensklassen. Auf insgesamt 11 Baufeldern plus Heizkraftwerk für die regenerative Energieerzeugung werden dazu unterschiedliche Wohnungstypen realisiert, darunter Studentenwohnungen, genossenschaftliche Wohnbauten und Projekte von Baugemeinschaften. Hinzukommen zwei Kitas und eine Schule.

Substanzieller Bestandteil des Quartiers sind diverse Mobilitätslösungen, um so wenig Platz wie möglich für Verkehrsflächen und private Pkw zu verbrauchen und dadurch die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Book-n-Drive bietet Car-Sharing an, Call-a-bike beteiligt sich mit einer Leihrad-Flotte. Zudem integriert die ortsansässige Wohnungsbaugesellschaft Bauverein AG Elektromobilität in ihre Gebäude. Der Clou: Vor Ort steht interessierten Bauherren und Mietern eine Mobilitätsberatung mit Rat und Tat zur Seite, um potenzielle Quartiersbewohner bei der Planung ihres neuen Zuhauses inklusive Mobilitätsangebot zu unterstützen. Ein praxisorientierter und kundenfreundlicher Ansatz, der hoffentlich Nachahmer findet.

Parkplätze als Baukostentreiber

Auch aus Kostengründen sind gemeinschaftlich genutzte Parkplätze sinnvoll. Denn die Erstellung, Erschließung und der spätere Betrieb von Stellflächen ist finanziell nicht ganz ohne. So kann der Bau einer Tiefgarage, abhängig von der Grundstücksgröße, Anzahl und Flächen der Wohneinheiten sowie den zu errichtenden Tiefgaragenparkplätzen, mehrere 10.000 Euro verschlingen (Siehe Baukosten - BVB der Bundesvereinigung für Bauwirtschaft). Angesichts der Notwendigkeit, deutlich kostengünstiger als bisher zu bauen, stellt sich also die Frage, ob das dafür investierte Geld nicht sinnvoller eingesetzt werden kann. Zudem entstehen für Mieter monatliche Folgekosten in Form einer Stellplatzmiete. Auch dieser Obolus ließe sich anderweitig verwenden. Außerdem ist zu bedenken, dass der Flächenverbrauch für ebenerdige Abstellplätze naturgemäß immer zu Lasten einer anderen Nutzungsart, wie etwa Grünflächen oder Spielplätzen geht. Stellt sich die Frage, ob die Verknüpfung von Wohnung und Fahrzeug noch zeitgemäß ist. Wäre es stattdessen nicht zukunftsorientierter, Wohnen und Mobilität als Serviceleistung miteinander zu kombinieren, wo das Leben in Städten doch ökologischer, ressourcensparender und bezahlbar für alle Bevölkerungsgruppen sein soll?

Stellplatzverordnung gehört in die Mottenkiste

So weit, so gut. Doch dann wäre da noch die Stellplatzverordnung. Sie regelt in Deutschland, wie viele Stellplätze für Pkw bei Neubauten von Gebäuden nachgewiesen werden müssen und funktioniert nach dem Prinzip: Je größer die Wohnanlage, desto mehr Parkplätze. Die Regelung stammt aus den 1930er Jahren, als es noch keine Flächenkonkurrenz in den Städten gab und der Individualverkehr in den Kinderschuhen steckte. In den vergangenen 90 Jahren hat sich die Situation dramatisch geändert. Doch bis auf einige Ausnahmen halten die meisten Bundesländer und Kommunen weiterhin an ihr fest. Lediglich Berlin und Hamburg verzichten auf die Errichtung von Kfz-Stellplätzen. In Frankfurt wurde sie 2016 gelockert. In Baden-Württemberg sieht die Landesbauordnung seit 2015 vor, dass auf einen Teil der Autoparkplätze verzichtet wird, wenn dafür zum Ausgleich Fahrradstellplätze geschaffen werden. Am Rhein, in Köln und Düsseldorf, überlegen die Behörden noch. Geht es nach Bauinvestoren und Projektentwicklern, kann das Regularium in der Mottenkiste der "autogerechten Stadtplanung" verschwinden.

Förderprogramm für Wohnungseigentümer

Wie geht es nun mit Elektromobilität im Gebäudekontext weiter? Ohne entsprechende öffentliche und private Infrastruktur kann der Kauf von E-Fahrzeugen noch bis zum Sankt-Nimmerleinstag bezuschusst werden. Niemand wird sie kaufen. Denn was nützt der elektrische Flitzer, wenn er nicht betankt werden kann. Dabei ist das Potenzial riesig: Zum Beispiel gibt es 9 Millionen Besitzer von Eigentumswohnungen. Angesichts der unklaren Rechtslage für WEG-Gemeinschaften (Ist das Aufstellen und Anschließen einer Ladesäule eine bauliche Maßnahme oder eine Modernisierung?) und einer möglichen Überlastung des hauseigenen Stromnetzes, wenn mehrere Eigentümer ihr E-Mobil gleichzeitig laden, halten sie sich bisher beim Thema Elektromobilität zurück.

Neben der rechtlichen Klärung schlägt der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) deshalb als Anreiz ein Sofortprogramm von 100 Millionen Euro für die Nachrüstung der privaten Infrastruktur in privaten Wohngebäuden vor. Ob das Elektromobilität populär macht? Immerhin rückt damit ein Zusammenhang in den Focus, der für das Gelingen sowohl der Verkehrs- als auch der Energiewende wesentlich ist: Die vernetzte Gebäudeinfrastruktur. Sie ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit eines Gebäudes und wird den Immobilienwert sicherlich in den nächsten Jahren beeinflussen.

Vernetzte Gebäudeinfrastruktur wird wertbestimmend

Immobilieninvestoren, die Elektromobilität in den Gebäudekreislauf integrieren möchten, sollten sich frühzeitig nach versierten Partnern für die Konzeptentwicklung, Systemintegration, Umsetzung und den späteren Betrieb umschauen. Denn als Querschnittthema zwischen Architektur, Energie- und Gebäudetechnik sowie Mobilitätsdienstleistungen ist die Realisierung durchaus anspruchsvoll. Und da eine intelligente elektrotechnische und IT-basierte Infrastruktur in Gebäuden zur Vernetzung diverser Funktionen notwendig ist, werden immer häufiger Unternehmen aus der IT und Elektrotechnik hinzugezogen, zum Beispiel Global Player Schneider Electric, der den Berliner EUREF-Campus elektromobil versorgt oder PHOENIX Contact, die weltweit Ladeinfrastrukturen für Elektromobilität herstellen. Darüber hinaus braucht es spezialisierte Planungsbüros, wie EGS Plan Ingenieurgesellschaft in Stuttgart oder Q-Data Service in Hamburg, die sich darauf verstehen, Gebäude-, Energie- und Elektrotechnik, IT und Mobilität als ein vernetztes Kreislaufsystem zu planen, zu realisieren und in Betrieb zu nehmen. Dann sollte es mit den elektrischen Flitzern als Wohnservice "rund" laufen.

Quellen:

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