Ein Bagger, umgeben von Baumaterialien wie Beton und Metall, symbolisiert, wie durch Urban Mining Rohstoffe wiederverwertet und eine Kreislaufwirtschaft gefördert werden kann.
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von
Bente Staack

Urban Mining: Die verborgenen Schätze unserer Städte

Ressourcenschonung durch Kreislaufwirtschaft

Die zunehmende Knappheit an Ressourcen sowie die Notwendigkeit, nachhaltiger zu wirtschaften, stellen uns vor die Herausforderung, neue Wege zur Ressourcengewinnung zu finden. Eine innovative Lösung ist das Urban Mining, ein Ansatz, der die Städte als Rohstoffquellen betrachtet und die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Ressourcen zum Ziel hat. In diesem Artikel beleuchten wir, was genau Urban Mining ist und welche Rolle es für Wirtschaft und Umweltschutz spielen kann.

Urban Mining, also die Erkennung, Rückgewinnung und Wiederverwertung von in Städten oder langlebigen Gütern verbauten Rohstoffen, hat vielfältige Vorteile:

  • Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz durch Schonung endlicher Ressourcen
  • Geringere Abhängigkeit von Rohstoffimporten
  • Beitrag zur globalen Verteilungsgerechtigkeit von Rohstoffen
  • Kostenreduktion im produzierenden Gewerbe und Wertschöpfung durch Recycling
  • Beitrag Abfallbewältigung durch vorgelagerte Rückgewinnung von Materialien

Urban Mining, also die Erkennung, Rückgewinnung und Wiederverwertung von in Städten oder langlebigen Gütern verbauten Rohstoffen, hat vielfältige Vorteile:

  • Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz durch Schonung endlicher Ressourcen
  • Geringere Abhängigkeit von Rohstoffimporten
  • Beitrag zur globalen Verteilungsgerechtigkeit von Rohstoffen
  • Kostenreduktion im produzierenden Gewerbe und Wertschöpfung durch Recycling
  • Beitrag Abfallbewältigung durch vorgelagerte Rückgewinnung von Materialien

Was ist Urban Mining?

„Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist Urban Mining die integrale Bewirtschaftung des anthropogenen Lagers mit dem Ziel, aus langlebigen Gütern sowie Ablagerungen Sekundärrohstoffe zu gewinnen“, definiert das Umweltbundesamt1.

Übersetzen kann man Urban Mining in etwa mit „Bergbau im städtischen Bereich“. Ziel von Urban Mining ist es, bereits genutzte Rohstoffe aus Städten, aber auch aus dem gesamten Bestand langlebiger Güter, zu identifizieren, zurückzugewinnen und erneut nutzbar zu machen, ohne dass diese Rohstoffe an Wert verlieren. Anstatt neue Ressourcen aus der Natur zu entnehmen, nutzt Urban Mining also das Potenzial der gebauten Umwelt. Neben Material aus Gebäuden, Infrastruktur und Deponien fallen darunter zum Beispiel auch Autos, die Rückgewinnung von seltenem Phosphor aus Klärschlamm und Konsumgüter, wie Elektrogeräte. Denn nicht nur in den Städten, auch zuhause schlummern Rohstoffe, die in die aktive Nutzung zurückgeführt werden können: So schätzt das Bundesumweltamt, dass 85 Millionen Handys ungenutzt in deutschen Haushalten liegen2 – deren Gesamtmetallwert rund 240 Millionen Euro beträgt3 . Zu Urban Mining gehören vier verschiedene strategische Bereiche:

  • das Aufsuchen und Identifizieren von möglichen Rohstoffquellen (Prospektion)
  • die Erkundung dieser Rohstoffquellen (Exploration)
  • die Erschließung und Förderung dieser Rohstoffe und
  • die Aufbereitung der gewonnenen Sekundärrohstoffe sowie deren Rückführung in die Produktion1 .

Abgrenzung von Urban Mining zur Abfallwirtschaft

Urban Mining verfolgt einen umfassenderen Ansatz als herkömmliche Abfallwirtschaft und Recycling, indem es Rohstoffe gezielt aus städtischen Beständen wie Gebäuden, Infrastrukturanlagen und Elektrogeräten zurückgewinnt. Statt den Schwerpunkt auf Entsorgung und Verwertung von Abfällen zu legen, wie es in der traditionellen Abfallwirtschaft der Fall ist, geht Urban Mining einen Schritt weiter: Während es beim Recycling in erster Linie darum geht, bereits entsorgte Güter wieder aufzubereiten und in den Stoffkreislauf zurückzuführen, setzt Urban Mining früher an. Ressourcen, die bereits in Gebrauch sind, werden geprüft und Wertstoffströme möglichst früh identifiziert, damit Möglichkeiten der Verwertung abgeleitet werden können, noch bevor diese Rohstoffe als Abfall entsorgt werden1. Dadurch werden Stoffströme planbar, wertvolle Rohstoffe wie Kunststoffe, Metalle oder seltene Erden auf nachhaltige Weise zurückgeführt, die Abhängigkeit von Primärrohstoffen reduziert und eine Kreislaufwirtschaft gefördert.

Bedeutung und Herausforderungen von Urban Mining

Ressourcen werden immer knapper, während der Bedarf an wertvollen Rohstoffen, wie Metallen und seltenen Erden, steigt, besonders mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft und das Wachstum im Bereich IT-Infrastruktur. Urban Mining könnte eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Rohstoffversorgung langfristig zu sichern. Der Bedarf sowie der Verbrauch an Rohstoffen sind, vor allem in Industrieländern wie Deutschland, enorm hoch. Die nachfolgenden Beispiele illustrieren die Größenordnung des Rohstoffverbrauchs:

  • Rund 1,3 Milliarden Tonnen an Materialien werden in Deutschland jährlich im Inland eingesetzt, Exportgüter nicht mitgerechnet1
  • In einem durchschnittlichen Altbau mit zehn Wohneinheiten sind rund 1.500 Tonnen Material verbaut, darunter rund 70 Tonnen Metalle und 30 Tonnen Holz, Kunststoffe und Bitumen4.
  • Der Gesamtbestand an Material und Rohstoffen in Deutschland betrug im Jahr 2010 rund 51,7 Milliarden Tonnen. Davon waren mehr als 80 % seit den 1960er Jahren akkumuliert4
  • Rund 32 Millionen Tonnen Material sind langfristig in deutschen Bahnhöfen eingebunden2.
  • Eine Studie aus dem Jahr 2018 ergab zudem, dass jeder EU-Bürger rund 250 Kilogramm an Elektrogeräten besitzt und der jährlich entsorgte Müll, darunter Hightech-Produkte wie Autos, Computer oder Handys, ungefähr 18 Millionen Tonnen wertvolle Materialien enthält5.

Urban Mining zu betreiben, bietet vielfältige Chancen für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft.

Umwelt- und Klimaschutz: Durch die Wiederverwendung von Materialien, die bereits verbaut sind, sinkt die Notwendigkeit, neue Rohstoffe aus der Natur zu entnehmen, was sowohl den CO₂-Ausstoß als auch den ökologischen Fußabdruck erheblich reduziert. Da die Rohstoffgewinnung und -verarbeitung einen hohen Energiebedarf haben und große Mengen an Treibhausgasen freisetzen, kann Urban Mining eine bedeutende Rolle beim Klimaschutz spielen, zumal viele Baustoffe, wie Stahl und Kupfer, endliche Ressourcen sind. Urban Mining kann also auch dazu beitragen, die Lebensgrundlagen der Menschen zu sichern. Besonders für die Baubranche birgt Urban Mining großes Potenzial, denn sie ist für 54 % der anfallenden Abfallmenge in Deutschland verantwortlich6 und für 30 % der Emissionen7.

Abhängigkeit von Rohstoffimporten reduzieren: Deutschland ist beim Einsatz vieler Rohstoffe, wie Metalle oder Erze, auf einen Import aus dem Ausland angewiesen. Mit rund 600 Millionen Tonnen an Primärrohstoffen, die jährlich eingeführt werden, werden rund ein Drittel der bundesweit benötigten Materialien importiert. Für die Herstellung dieser oftmals höher verarbeiteten Produkte sind rund 1,7 Milliarden Tonnen an Rohstoffen nötig, die der Natur entnommen werden4

Beitrag zur globalen Verteilungsgerechtigkeit: Obwohl die Industrieländer nur rund 15 % der Weltbevölkerung ausmachen, verbrauchen sie rund ein Drittel der globalen Rohstoffe2. Durch Urban Mining kann die globale Ungleichheit dieser Verteilung zwischen Förder- und Nutzländern reduziert werden und den Ländern, die hier bisher benachteiligt waren, der Zugang zu diesen Rohstoffen erleichtert werden4

Kostenreduktion und Wertschöpfung: Durch das Recycling von Materialien können im produzierenden Gewerbe Kosten eingespart werden. Ein Beispiel: Durch Sekundärrohstoffwirtschaft konnten 2007 Stahl und Kupfer im Wert von 8,6 Milliarden Euro bereitgestellt werden, eine Kosteneinsparung von 1,5 Milliarden Euro gegenüber Primärmetallen. Auch wird die Wertschöpfung durch Recyclingaktivitäten weiter gesteigert und gewinnt als Teil des Gesamtmarkts der Kreislaufwirtschaft an Bedeutung4

Abfallbewältigung: Durch Urban Mining kann das Abfallaufkommen, wobei vor allem Abfälle aus Industrie und langlebigen Gütern den Großteil des Abfalls ausmachen, reduziert werden4

Eine Herausforderung für Urban Mining ist, dass es eine große Vielfalt an Produkten und Stoffen gibt, die für die Wiederverwertung sauber getrennt werden müssen. Hinzu kommt, dass die Lebenszyklen von Produkten, besonders im Bereich Technologie, immer kürzer werden, was eine Rückgewinnung und Aufbereitung erschwert. Auch der demografische Wandel stellt die effiziente Rückführung von Rohstoffen vor einige Hürden, denn die Bedürfnisse einer immer schnelllebigeren, mobilen und alternden Gesellschaft erfordern vielfältige Sanierungs-, Bau- und Rückbauerfordernisse4.

Urban Mining in der Praxis – Beispiele

Circular Construction in Amsterdam: Ein beeindruckendes Beispiel für Urban Mining ist das „Circl“-Gebäude in Amsterdam, das als Vorzeigeprojekt für Kreislaufwirtschaft im Bau gilt. Das Gebäude besteht größtenteils aus wiederverwendeten und wiederverwendbaren Materialien. Viele der verwendeten Bauteile stammen aus anderen abgerissenen Gebäuden oder wurden so designt, dass sie nach einem Abriss problemlos in neuen Projekten verwendet werden können8

Recycelter Beton in Zürich: Alle Neubauten, die in der Stadt ausgeschrieben werden, müssen mit Recyclingbeton entstehen. Mittlerweile sind fast 100 Gebäude, wie Krankenhäuser und Schulen, auf diese Weise umgesetzt worden9

Stadtteil aus recyceltem Baumaterial in Heidelberg: In der Universitätsstadt entsteht auf einem ehemaligen Militärgelände ein neuer Stadtteil, der künftig 10.000 Menschen beheimaten soll. Das Baumaterial für dessen Entstehung soll eine Recyclingquote von beinahe 90 % haben6

Materialpass für Gebäude: Ein weiterer Trend in der Immobilienwirtschaft ist der Einsatz von digitalen Materialpässen, die festhalten, welche Materialien in einem Gebäude verbaut sind und wie sie später zurückgewonnen werden können. Dieser Ansatz wird bereits von Unternehmen wie Madaster in Europa verfolgt. Ziel ist es, durch eine transparente Dokumentation die Wiederverwendung von Materialien in der Zukunft zu erleichtern und so die Lebenszyklen von Baustoffen zu verlängern10.

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Die Zukunft von Urban Mining: Entwicklung und Marktausblick

Der Urban Mining-Markt hat in den letzten Jahren signifikant an Aufmerksamkeit gewonnen, insbesondere durch den wachsenden Fokus auf Klimaschutz und Ressourcenschonung. Die Bauindustrie ist einer der größten Rohstoffverbraucher und gleichzeitig eine der Branchen mit den höchsten Emissionen, weshalb die Nachfrage nach kreislaufwirtschaftlichen Lösungen wie Urban Mining in den kommenden Jahren stark zunehmen wird. Strengere Umweltauflagen und steigende Recyclingquoten werden den Trend weiter befeuern und Urban Mining zur Standardpraxis machen. Zudem gibt es staatliche Förderungsmöglichkeiten für Projekte, die Urban Mining-Ansätze verfolgen oder erforschen11

Fortschrittliche Technologien wie 3D-Druck und Robotik bieten außerdem neue Chancen für die Rückgewinnung von Baumaterialien, können diese verbessern und effizienter machen. Auch die Digitalisierung wird eine entscheidende Rolle spielen, etwa durch digitale Zwillinge und Datenmanagement-Plattformen, die den Zustand und die Materialzusammensetzung eines Gebäudes transparent dokumentieren.

Urban Mining bietet zudem wirtschaftliche Anreize und neue Geschäftsmodelle, z. B. in Form von Recycling- oder Rückbaudienstleistern oder als Anbieter von gebrauchten Baumaterialien. Da die Nachfrage nach nachhaltigen Gebäuden und Baustoffen weiter steigt, könnte dies ein wachsender Markt mit hoher Rentabilität werden. Auch aufgrund von Umweltauflagen ist davon auszugehen, dass in der Immobilienwirtschaft zunehmend Projekte fokussiert werden, die auf Wiederverwendung von Materialien setzen. Durch diese Entwicklung könnte Urban Mining zudem zu einem wichtigen Bestandteil nachhaltiger Stadtplanung werden.

Fazit

Urban Mining hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir natürliche Ressourcen im Alltag nutzen, grundlegend zu verändern. Es trägt zur Schonung von Rohstoffen bei, reduziert die Abfallmenge und leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Auch für die Wirtschaft bietet Urban Mining vielfältige Chancen, wie z. B. Kosteneinsparungen, neue Geschäftsfelder und eine Unabhängigkeit von Importen. Mit technologischen Innovationen und einer stärkeren politischen Förderung wird Urban Mining in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen und einen festen Platz in der nachhaltigen Stadtentwicklung einnehmen.

Quellen:

1 Umweltbundesamt. Urban Mining (abgerufen am 15.11.2024)

2 Utopia. Urban Mining – der verborgene Rohstoffschatz in der Stadt (abgerufen am 15.11.2024)

3 Aktiv-online. Urban Mining: In deutschen Schubladen schlummert ein Schatz an Rohstoffen (abgerufen am 15.11.2024)

4 Umweltbundesamt. Urban Mining. Ressourcenschonung im Anthropozän (abgerufen am 15.11.2024)

5 Scinexx. Rohstoff-Schätze in den Städten (abgerufen am 15.11.2024)

6 Handelsblatt. Wie Städte zur riesigen Rohstoffquelle werden (abgerufen am 15.11.2024)

7 Nabu. Klimaschutz beim Bauen (abgerufen am 15.11.2024)

8 The Making of Circl (abgerufen am 15.11.2024)

9 NDR. Urban Mining: Die Stadt als Rohstofflager (abgerufen am 15.11.2024)

10 Deutsches Architektenblatt. Urban Mining: Materialkataster für Gebäude (abgerufen am 15.11.2024)

11 Bundesministerium für Bildung und Forschung. Bekanntmachung vom 18.06.2024 (abgerufen am 15.11.2024)

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