Finanzmarktrichtlinie - MiFID

Das Kürzel MiFID steht für Markets in Financial Instruments Directive. Mit diesem Begriff wird die europäische Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente bezeichnet. Die Finanzmarktrichtlinie verfolgt das Ziel, die Effizienz und Integration des innereuropäischen Finanzmarktes durch eine weitgehende Harmonisierung zu fördern. Die Richtlinie wurde im April 2004 verabschiedet, trat erstmals im November 2007 in Kraft und wurde im Frühjahr 2014 neugefasst. Die durch die Neufassung beschlossenen Änderungen traten im Januar 2017 in Kraft. Seitdem wird die Richtlinie 2004/39/EG als Richtlinie 2014/65/EU (MiFID-II) geführt. Insbesondere Anleger profitieren von den umfangreichen Vorgaben, die von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Hintergrund und Kontext

MiFID bzw. MiFID-II soll die bestehenden nationalen Vorschriften über die Abwicklung von Finanzdienstleistungen um Regelungen zum Anlegerschutz, die Eigenständigkeit der einzelnen Finanzdienstleister sowie die Transparenz der Finanzmärkte ergänzen. Die Europäische Union (EU) erhofft sich dadurch Effizienzsteigerungen sowie allgemeine Verbesserungen der Funktionalität der innereuropäischen Märkte.

Die Finanzmarktrichtlinie steckt als Teil des europäischen Sekundärrechts lediglich den Rahmen für neu zu schaffende nationale Regelungen. Es werden Mindeststandards und Höchstgrenzen normiert, welche die einzelnen Mitgliedsstaaten durch Umsetzungsgesetze in das nationale Recht zu überführen haben. In der Bundesrepublik Deutschland geschah dies durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, welches bestehende Gesetzeswerke wie das Kreditwesengesetz änderte. Die die Richtlinie begleitende Verordnung (EU) 600?2014 des Europäischen Parlaments und Rates wird MiFIR genannt. Sie konkretisiert und ergänzt die Vorgaben der Richtlinie und entfaltet unmittelbare Wirkung in allen Mitgliedsstaaten, sodass es Umsetzungs- oder Überführungsakte nicht bedarf.

Regelungsinhalt – Überblick über die wesentlichen Anordnungen der Finanzmarktrichtlinie

Richtlinie und Verordnung umfassen ein sehr weites Spektrum an verschiedenen Themen. Das gilt vor allem durch die im Januar 2017 in Kraft getretenen Änderungen, die als MiFID-II bezeichnet werden. Zum Regelungsbereich der Finanzmarktrichtlinie gehören nunmehr der Anlegerschutz, Warenderivate, der Zugang zu den Märkten der Europäischen Union, die Marktstrukturen im Finanzinstrumentenhandel, die Befugnisse und Sanktionskraft der zuständigen Aufsichtsbehörden sowie der Zugriff auf Handelsdaten und die Transparenz des Finanzmarktes.

Anlegerschutz durch die Finanzmarktrichtlinie

Der Anlegerschutz wird durch eine Vielzahl von Maßnahmen durch die EU-Kommission geschützt. Regelungsadressaten sind stets die am Finanzmarkt operierenden Dienstleister wie Banken oder andere Kredit- bzw. Finanzinstitute. So müssen seit Januar 2017 alle innerhalb der EU ansässigen Banken, Kredithäuser und andere Finanzinstitute zwischen einer abhängigen Anlageberatung auf der einen und einer unabhängigen Anlageberatung auf der anderen Seite unterscheiden. Bei letzterer ist die Vergabe von Provisionen oder anderer Zuwendungen, von wenigen Ausnahmen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle abgesehen, verboten. Als Teil der abhängigen Beratung sind Zuwendungen weiterhin erlaubt. Allerdings dürfte deren Attraktivität für Kunden geringer sein als die unabhängige Beratungsform.

Unter welchen organisatorischen Umständen die Differenzierung zwischen abhängiger und unabhängiger Beratung zu laufen hat, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Es ist davon auszugehen, dass Emittenten beide Formen der Beratung parallel anbieten werden. Hier besteht Präzisierungsbedarf, da Trennunschärfen zu erwarten sind. Eine Organisationskonkretisierung dürfte allerdings erst möglich sein, nachdem die neuen Regelungen bereits praxiserprobt sind.

Darüber hinaus besteht eine Verpflichtung der Finanzdienstleister, eine hinreichende Menge an Finanzinstrumenten in regelmäßigen Abständen zu bewerten. Hierdurch soll die Eignung der von ihnen ausgesprochenen Empfehlungen überprüfbar gemacht werden. Emittenten, die neue Produkte aufnehmen möchten, müssen vorher angeben, an welche Zielgruppe sich das neue Angebot richten soll. Die innerhalb eines Instituts für den Vertrieb zuständigen Organe sind auch für die Überwachung verantwortlich. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass ein Produkt nur geeigneten Kunden, die zur zuvor identifizierten Zielgruppe gehören, angeboten wird.

Durch die Richtlinie werden außerdem bestehende Informations- und Aufklärungspflichten verschärft. Auch dies dient dem Schutz von Anlegern. So besteht zukünftig die Verpflichtung, potenzielle Anleger noch vor Vertragsschluss über Kosten, Umfang und Art der erbrachten und anfallenden Dienstleistungen zu informieren. Hinzu kommt ein während der Dauer einer Anlage vorzulegender jährlicher Bericht, der im Wesentlichen die vor Vertragsschluss gemachten Angaben aktualisiert. Bei besonders relevanten Entwicklungen wie Krisen oder Marktschocks sind die einzelnen Dienstleister sogar verpflichtet, umgehend ihre Anleger zu informieren.

Strukturen des europäischen Marktes für Finanzinstrumentenhandel

Als Reaktion auf häufig außerhalb der Börsen abgewickelte riskante Derivate und Großaufträge ordnet MiFID-II die sogenannten Crossing-Networks den organisierten Handelssystemen (englisch: Organized Trading Facilities, OTF) zu. Über diese dürfen nur solche Kapitalinstrumente gehandelt werden, die nicht dem Eigenkapital zugeschrieben werden. Zu diesen zählen etwa Derivate, Anleiten, Emissionszertifikate oder strukturierte Produkte. Die organisierten Handelssysteme werden durch die Finanzmarktrichtlinie denselben Transparenzvorschriften untergeordnet wie andere Handelsplätze. Deshalb müssen auch hier kontinuierlich angepasste Geldkurse veröffentlicht sowie Verfahrensvorschriften für den Handel formuliert werden. Das gilt insbesondere für die Zulassung neuer Instrumente.

Zudem hat es sich die EU zur Aufgabe gemacht, möglichst viele Wertpapiergeschäfte über regulierte Märkte abwickeln zu lassen. Um dieses Ziel zu erreichen, verpflichtet die Richtlinie 2014/65/EU die einzelnen Finanzinstitute dazu, Kundenaufträge zu bestimmten Instrumenten wie etwa Aktien, über regulierte Märkte laufen zu lassen. Denn für diese gelten besonders strenge Regeln.

Da auch der europäische Kapital- und Finanzinstrumentenmarkt einem Digitalisierungsprozess unterworfen ist, hat sich die IT-Infrastruktur seit dem erstmaligen Inkrafttreten der MiFID-Richtlinie im Jahr 2004 stark verändert. So wird der Handel heute fast ausschließlich online betrieben. Aus diesem Grund macht MiFID-II zahlreiche IT-Vorgaben. Es existieren nunmehr Vorschriften über das Handeln und die Folgen bei technischen Überlastungen, Marktschocks oder fehlerhaften Aufträgen.

Befugnisse der Aufsichtsbehörden

Die europäische Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente steckt den Rahmen für die Befugnisse der nationalen Aufsichtsbehörden wie der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Den nationalen Aufsichtsbehörden ist es u. a. gestattet, den Handel bestimmter Instrumente vorübergehend auszusetzen oder diese dauerhaft vom Markt zu nehmen sowie Einfluss auf die Geschäftsleitung auszuüben. Beim Vorliegen eines Anfangsverdachts, der auf den Verstoß von spezifischen Aufsichtsrechts konkretisiert ist, können auch Telekommunikationsdaten angefordert werden. Diese Befugnisse wurden durch die §§ 32 ff. des Kreditwesengesetzes in nationales Recht überführt. Diese Normen bilden wesentliche Rechtsgrundlage für das Tätigwerden und die Sanktionsgewalt der BaFin.

Im Zuge der Harmonisierung wird auch ein immer wichtiger werdendes Postulat der Zusammenarbeit aufgestellt. Die Richtlinie macht es den nationalen Aufsichtsbehörden zur Aufgabe, Informationen mit anderen Behörden auf mitgliedsstaatlicher Ebene auszutauschen. Hierdurch soll die Effizienz der Bankenaufsicht gesteigert werden.

Folgen der MiFID-Richtlinie sowie der MiFIR-Verordnung für Privatanleger

Die europäische Finanzmarktverordnung und -richtlinie bilden ein komplexes Regelungssystem. Beide Rechtsakte stellen hohe Anforderungen an die agierenden Finanzinstitute. Dies geht mit einem hohen Schutzniveau für Privatanleger einher. Damit reihen sich beide Normen in das für die EU typische Schema des Schutzes des Einzelnen ein. Privatanleger sind typischerweise weniger sachkundig als professionelle Trader oder Finanzmarktoperateure. Demzufolge profitieren sie in besonderem Maße von den zahlreichen Informations- und Aufklärungspflichten.

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