Die Ansicht eines großen Einkaufszentrums illustriert den Wandel der Warenhäuser zum Stadtteilversorger. Dieser Übergang vom traditionellen Weltkaufhaus zum modernen Versorgungszentrum zeigt, wie Warenhäuser ihre Rolle neu definieren, um den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
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Dagmar Hotze

Vom Weltkaufhaus zum Stadtteilversorger: Neue Chancen für Warenhäuser?

Die Zukunft von Warenhäusern ist unsicher. Durch viele Faktoren steht das altbewährte Prinzip "Alles unter einem Dach" auf der Probe.

Keine Zeit zum Lesen? Hier eine kurze Zusammenfassung:

  • Die Zukunft des klassischen Warenhauses ist unsicher.
  • Durch die Veränderung in der Art zu Shoppen und den aufstrebenden Online-handel geraten die einst innovativen Warenhäuser zunehmend unter Veränderungsdruck.
  • Dagegen ist das ähnliche Konzept von Shoppingcentern und -galerien weiter auf dem Vormarsch, obwohl diese meist schlechtere Lagen aufweisen.
  • Für die mehr als 150 Warenhäuser in Deutschland sind also neue Konzepte vonnöten. Diese reichen von dem Umbau zu einem Stadtteilversorger bis hin zur Planung von Erlebnisstätten, hochwertiger Gastronomie und Events

Warum funktionieren die klassischen Konzepte nicht mehr?

Dagmar Hotze: Karstadt ist zum Synonym dafür geworden, dass die Zeit der Warenhäuser anscheinend vorbei ist. Auch sind Namen wie Quelle, Neckermann und Hertie längst aus dem Stadtbild verschwunden. In Ihrer Studie "Warenhäuser in Deutschland" haben Sie sich eingehend mit diesem Typ der Handelsimmobilie beschäftigt, Herr Pink. Warum funktioniert das Konzept nicht mehr?

Matthias Pink: Die ersten Warenhäuser entstanden vor mehr als 150 Jahren und so alt ist auch ihr Konzept. Das "Alles unter einem Dach"-Prinzip war Mitte des 19. Jahrhunderts eine bemerkenswerte Innovation, heute lockt es im wahrsten Sinne des Wortes niemanden mehr vom Sofa, weil die Konsumenten selbiges nicht mehr verlassen müssen, um bei Amazon und Co. aus einem noch viel größeren Sortiment wählen zu können.

Der Niedergang der Warenhäuser setzte jedoch schon in den 1980er Jahren und damit lange vor dem Aufkommen des Online-Handels ein. Die Gründe dafür sind vielfältig, lassen sich aber vielleicht auf folgenden Nenner bringen: Während sich die Einzelhandelslandschaft und die Art, wie wir einkaufen, in den vergangenen 30 Jahren grundlegend gewandelt haben, haben sich die Warenhäuser nicht nennenswert weiterentwickelt.

Dagmar Hotze: Im Gegensatz zu Shopping Center liegen Warenhäuser meist zentral und befinden sich in gewachsenen Strukturen, ob in Groß- oder Mittelstädten oder auch in Stadtvierteln. An der Lage kann ihr Verschwinden also nicht liegen. Sind die Probleme eventuell hausgemacht?

Matthias Pink: Sie haben vollkommen Recht. Die Lage der meisten Warenhäuser ist bis heute einer ihrer Wettbewerbsvorteile. Oft befinden sie sich mitten in der 1a-Lage, also jener Straße einer Stadt mit der höchsten Passantenfrequenz. Jeden Tag gehen viele tausend Menschen an den Warenhäusern vorbei. Dass immer weniger von ihnen die einstigen "Kathedralen des Handels" auch betreten, ist sicherlich mit externen Faktoren allein nicht zu erklären. Schließlich ist der Einzelhandelsumsatz in Deutschland bis zuletzt stetig gestiegen, nur ist der Anteil der Warenhäuser von einst mehr als 10 Prozent auf heute nur noch etwa 2 Prozent zurückgegangen.

Wie sinnvoll ist eine Reanimation eines Warenhauses?

Dagmar Hotze: Wo könnten sich denn Potenziale verstecken? Nehmen wir beispielsweise kleinere Städte, wo von dem einst beliebten Kaufhaus häufig nichts weiter geblieben ist, als ein grauer Kasten. Jetzt fehlt der Ankerpunkt, folglich leiden auch die übrigen Einzelhändler. Bleibt der Zustand über einen längeren Zeitraum, kann man jedoch zusehen, wie die Lichter ringsum ausgehen. Obwohl es immer heißt, wir brauchen eine attraktive City. Unter welchen Umständen würde die "Reanimation" eines Warenhauses Sinn machen?

Matthias Pink: Da sprechen Sie einen ganz entscheidenden Punkt an. Unter der Schließung eines Warenhauses leiden nämlich oft nicht nur das betroffene Unternehmen, die Mitarbeiter und die verbliebenen Kunden, sondern in vielen Fällen auch die ganze Einkaufsstraße oder schlimmstenfalls gar die Innenstadt insgesamt. Denn nicht selten, gerade in den Mittelstädten mit weniger als 100.000 Einwohnern, ist das Warenhaus der einzige verbliebene Magnet, der noch Leute in die Innenstadt zieht.

Vor diesem Hintergrund haben einige Kommunen, zum Beispiel Iserlohn und Mönchengladbach, die Initiative ergriffen und "ihre" Warenhausimmobilie, um eine Schließung abzuwenden. Das kann sinnvoll sein, wenn sich damit einer Abwärtsspirale vorbeugen lässt, sollte aber wohlüberlegt sein - schließlich gehen die Kommunen hier mit Steuergeld ins Risiko. Besser ist es in meinen Augen, private Investoren zu finden und sie gegebenenfalls bei der Umsetzung von Nachnutzungskonzepten zu unterstützen.

Ist eine gemischte Nutzung der Warenhäuser vorstellbar?

Dagmar Hotze: Muss es eigentlich ein einzelner Anbieter sein, der die Fläche "bespielt"? Schließlich handelt es sich um zig tausend Quadratmeter. Wären nicht auch andere Modelle denkbar? Was ist zum Beispiel mit einer gemischten Nutzung, die neben Einzelhandelsflächen auch Platz für Bildung, Sport, Pop-up-Stores oder für ein Gründerzentrum bietet?

Matthias Pink: In den meisten Fällen führt an einer Mischnutzung oder zumindest an einer Vermietung an mehrere Nutzer gar kein Weg vorbei, denn das Warenhaus ist das einzige Einzelhandelsformat, das viele tausend Quadratmeter über mehrere Etagen bespielen kann. Oft wird eine Einzelhandelsnutzung des Erdgeschosses die naheliegende und wirtschaftlich sinnvollste Option sein. Für die Obergeschosse müssen in der Regel andere Nutzungen gefunden werden. Denkbar ist hier im Grunde fast alles, da die Immobilien oft in Kerngebieten liegen und der planungsrechtliche Spielraum entsprechend groß ist.

Welche der in Frage kommenden Nutzungen tatsächlich sinnvoll sind, kann nur nach eingehender Prüfung der jeweiligen Rahmenbedingungen für den Einzelfall beurteilt werden. Patentrezepte gibt es hier nicht. Nicht selten lässt sich eine Nachnutzung ohne einen Umbau oder gar Abriss des bestehenden Gebäudes im Übrigen gar nicht realisieren, weil die vorhandene Gebäudestruktur nicht zu den geplanten neuen Nutzungen passt.

Wer sind die zukünftigen Investoren in Warenhäuser?

Dagmar Hotze: Wer wird zukünftig in Warenhäuser investieren? Kommen dafür, wie bisher, klassische Handelsimmobilieninvestoren in Betracht oder sind auch alternative Geldgeber denkbar?

Matthias Pink: Schon heute gibt es beide Gruppen von Investoren und ich denke, es wird sie weiterhin geben. Immer dann, wenn ein Warenhaus seinen Betrieb eingestellt hat oder eine Schließung absehbar ist und die Rahmenbedingungen eine Einzelhandelsnutzung entweder gar nicht oder nur noch für einen kleinen Teil der Gesamtfläche realistisch erscheinen lassen, scheiden klassische Einzelhandelsimmobilieninvestoren als Käufer aus. Dann schlägt die Stunde von beispielsweise Projektentwicklern oder lokalen Privatinvestoren, die im Idealfall nicht nur das Geld, sondern auch die Kreativität und den Mut mitbringen, ähnlich innovative Konzepte zu verwirklichen, wie es den Warenhäusern einst gelungen ist.

Innovative Warenhauskonzepte

Aber auch wenn von dem einstigen Glanz nicht mehr viel übrig geblieben ist: Noch gibt es mehr als 150 Warenhäuser in Deutschland und mit Mut und frischen Ideen lässt sich das Warenhaussterben der letzten Jahrzehnte vielleicht beenden. Das können Kleinigkeiten sein, etwa eine Kundengarderobe oder ein Lieferservice für die eingekauften Waren. Das können aber auch völlig neue Konzepte sein, zum Beispiel eine Positionierung der Mittelstadt-Warenhäuser als Nahversorger oder eine Inszenierung einzelner Häuser als Erlebnisstätten mit hochwertiger Gastronomie und regelmäßigen Events.

Ob solche Ansätze wieder mehr Menschen in die Warenhäuser locken, lässt sich freilich erst sagen, nachdem man sie ausprobiert hat. Doch wohin der Weg des Warenhauses führt, wenn nichts Neues ausprobiert wird, haben die letzten 30 Jahre ja gezeigt.

Quellen:

Bild: Kiev.Victor / Shutterstock.com

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