Experteninterview mit Thomas Lange, Head of Credit Risk bei Exporo
Herr Lange, Verzögerungen sind im Projektgeschäft Normalität: die meisten Rückzahlungen kommen nicht exakt zum geplanten Zeitpunkt, welche Szenarien gibt es konkret?
Thomas Lange: Grundsätzlich gibt es ganz reguläre Rückzahlungen, bei Exporo macht das ca. 18 % aller bisherigen Projekte aus und zur vertraglich vereinbarten Frist wird das Anlagekapital zzgl. Zinsen zurückgezahlt. Zum anderen gibt es vorzeitige Rückführungen. Dazu kommt es tatsächlich am häufigsten. Bei rund 51 % aller bisherigen Exporo-Projekte zahlt der Projektentwickler vor der vertraglich vereinbarten Laufzeit die Anlagesumme zzgl. der Zinsen für die geplante Laufzeit zurück. Ferner kann es auch zu Verzögerungen bei einer Rückzahlung kommen. Bei Exporo sind das knapp 31 % aller bisherigen Projekte. Verzögert, das ist mir wichtig zu betonen, bedeutet allerdings in den meisten Fällen zwischen sechs und neun Wochen. Wenn dies der Fall ist, werden zudem in der Regel Verzugszinsen von 4 % fällig, die von dem Projektentwickler zusätzlich zu leisten sind und die obendrein zur Rendite an unsere Anleger weitergegeben werden.
Jedes Immobilienprojekt, das über unsere Plattform angeboten wird, hat in den meisten Fällen eine feste Laufzeit von 12 bis 36 Monaten. Trotzdem kann es zu Verzögerungen kommen, warum?
Thomas Lange: Es gibt einige Faktoren, die zu Projektverzögerungen bei Immobilienprojekten führen können, auch wenn eine feste Laufzeit geplant ist. Beispiele für solche Faktoren sind u. a. Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Baumaterialien, unvorhersehbare Wetterbedingungen und Verspätungen in der Genehmigung der jeweiligen Bauanträge. Hierzu zählen sowohl längere Bearbeitungszeiten bei den Dienstleistern, wie z. B. Architekten oder Fachplanern, aber auch eine längere Bearbeitungszeit beim Bauamt durch wiederholte Rückfragen des Bauamtes oder Personalmangel in den Bauämtern. Auch die finanzierende Bank des Projektentwicklers ist ein Faktor, der zu Verzögerungen führen kann. Häufig haben Banken längere Bearbeitungszeiten bei der Gewährung der Kreditmittel, als in der initialen Planung vorgesehen war. Oft sehen wir auch, dass die Verkaufsprozesse länger dauern, da die Globalkäufer von Objekten einen aufwendigen Prüfungsprozess für den Ankauf durchführen und sich somit der Verkaufsprozess verzögert.
Wie geht Exporo damit um, wenn Auszahlungen sich verspäten?
Thomas Lange: Die beiden wichtigsten Punkte in diesem Zusammenhang sind: Aufklärung und Transparenz.
Exporo bietet kein Fest- oder Tagesgeldkonto an und auch keine deutschen Staatsanleihen. Wir bieten kurzfristige Investitionsangebote für Immobilienprojekte, die mit bis zu 8,5 % p. a. fest verzinst werden. Wir kommunizieren daher stets, dass Anleger nicht nur in ein einzelnes Projekt investieren sollten, sondern empfehlen, so breit wie möglich zu streuen.
Wir wollen unsere Anleger zufriedenstellen und mit ihnen wachsen. Vertrauen ist gerade in der Investmentbranche ein hohes Gut. Vereinzelt kommt es vor, dass wir aus rechtlichen Gründen im Falle eines Verwertungsfalles nicht sämtliche Informationen nach außen geben dürfen. Der Normalfall ist allerdings, dass wir die Entwicklungen in den Projekten so ausführlich wie möglich und dabei so verständlich wie möglich für jeden Anleger im Rahmen des regelmäßigen Reportings kommunizieren.
Seit der Unternehmensgründung 2014 wurden ca. 1,1 Mrd. € Kapital über die Plattform exporo.de vermittelt. Wie gelingt es Exporo, die zahlreichen Rückzahlungen gut zu managen und wie läuft der Kommunikationsprozess mit den Entwicklern ab?
Thomas Lange: Wir haben ein erfahrenes Team von Finanz- und Risikomanagement-Experten. Insgesamt sind es 34 Mitarbeitende, die sorgfältig jedes Immobilienprojekt prüfen und überwachen, um sicherzustellen, dass es den Anforderungen entspricht.
Wir sind mit den Projektentwicklern im engen, regelmäßigen Austausch, um frühzeitig auf Abweichungen reagieren zu können. Wir erhalten von allen Projekten in jedem Quartal die wesentlichen Informationen, die unseren Fokus festlegen: Müssen wir enger und persönlich mit dem Projektentwickler sprechen und weitere Unterlagen anfordern? Oder belegen die Nachweise zum Projekt, dass alles nach Plan läuft. In jedem Fall sind wir in sehr engem Austausch zum Ende der Laufzeit, wenn die Auszahlung ansteht.
Sofern während des Reportings eines Projektes klar wird, dass es Herausforderungen bei der Rückzahlung geben könnte, intensivieren wir den Kontakt zum Projektentwickler und diskutieren über Lösungen, wie z. B. über Anschlussfinanzierungen. Für die Immobilienprojektfinanzierung ist dies ein normaler Vorgang. Entscheidend für eine Anschlussfinanzierung ist, dass das Projekt nach wie vor wirtschaftlich ist.
Durch die Erfahrung unseres Teams haben wir Prozesse und Standards etabliert, die eine effiziente und lösungsorientierte Projektbegleitung ermöglichen. Nicht alles geschieht dabei an den letzten Tagen eines Monats, auch wenn Immobilienprojektfinanzierung vertraglich in der Regel zum Monatsende ausstehend sind. Wie auch die Zahlen der aktuellen Leistungsbilanz zeigen, erfolgen die meisten Rückzahlungen tatsächlich vorzeitig. Das heißt, der Projektentwickler schließt sein Projekt früher ab oder ist vorzeitig bereits so liquide, dass er gerne sein Darlehen zurückführen möchte.
In den vergangenen beiden Jahren betrugen die Rückzahlungen an Exporo-Anleger in Summe 320 Mio. €. Was ist ihre Prognose für das Jahr 2023, Herr Lange und warum?
Thomas Lange: In manchen Jahren fallen mehr und in manchen Jahren weniger auslaufende Finanzierungen an. In 2023 werden wir voraussichtlich weniger haben, als in den Vorjahren 2021 sowie 2022, die bzgl. der Rückzahlungssumme außerordentliche Rekordjahre in unserer Unternehmensgeschichte sind. Ich gehe zur Zeit für 2023 von einer Rückzahlung von 100 Mio. € aus.