Bürgschaft

Die Bürgschaft gehört zu den bekanntesten Kreditsicherheiten. Gleichzeitig birgt sie für den Sicherheitsgeber die größten haftungsrechtlichen Risiken, da dieser in der Regel unbegrenzt mit seinem gesamten Vermögen haftet.

Juristische Definition und Voraussetzungen des wirksamen Zustandekommens

Der Bürgschaftsvertrag ist in § 765 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) definiert. Es handelt sich um einen einseitig verpflichtenden Vertrag kraft dessen sich eine Partei dazu verpflichtet, dem Vertragspartner (Gläubiger) für die Schulden eines Dritten einzustehen, wenn dieser seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann. Die sich verpflichtende Vertragspartei wird Bürge genannt. Der Dritte heißt Hauptschuldner. Wesensmerkmal der Bürgschaft ist mithin ein Dreipersonenverhältnis.

Voraussetzung für das Zustandekommen eines Bürgschaftsvertrages sind zunächst zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form von Angebot und Annahme. Der so entstehende Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit gem. § 766 BGB der Schriftform. Da es sich um ein gesetzliches Schriftformerfordernis handelt, ist hiermit nach § 126 BGB gemeint, dass die Urkunde eigenhändig oder durch notariell beglaubigtes Handzeichen unterzeichnet werden muss. Die elektronische Form ist damit ausgeschlossen. Fehlt es an der Schriftform, so ist der Vertrag nichtig. Sinn und Zweck dieses formellen Erfordernisses ist der Schutz des Bürgen. Diesem soll die Bedeutung des Rechtsgeschäfts vor Augen geführt werden, um eine Übereilung zu verhindern.

Etwas anderes gilt gem. § 350 des Handelsgesetzbuches (HGB) nur, wenn der Bürge ein Kaufmann ist und sich der Bürgschaftsvertrag für ihn als Handelsgeschäft darstellt. Kaufmann ist nach § 1 Abs. 1 HGB jeder, der ein Handelsgewerbe betreibt. Der Gesetzgeber will so der Schnelligkeit des Handelsverkehrs gerecht werden. Er sieht den regelmäßig geschäftserfahrenen Kaufmann als weniger schutzwürdig an.

Zweck, Wesen und Anwendungsfeld in der Praxis

Sinn und Zweck des Bürgschaftsvertrages ist es, die dem Dritten gegenüber dem Gläubiger bestehende Verbindlichkeit abzusichern. Die Schuld des Dritten wird als Hauptverbindlichkeit bezeichnet. In der Praxis handelt es sich dabei in der Regel um einen Darlehensvertrag (§ 488 BGB) zwischen dem Dritten und der Bank, die als Gläubigerin auftritt. Der Bürge haftet dem Gläubiger gegenüber allerdings bloß subsidiär. Das heißt, dass ein Rückgriff auf den Bürgen nur möglich ist, wenn der Hauptschuldner seinen Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann.

Versucht die Bank den Bürgen in Anspruch zu nehmen ohne zuvor den Hauptschuldner haftbar zu machen, so steht dem Bürgen nach § 771 BGB die sogenannte Einrede der Vorausklage zu. Er kann bis zur Durchführung eines erfolglosen Versuches der Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner die Zahlung verweigern. § 771 BGB findet gem. § 349 HGB auf Kaufmänner keine Anwendung, sodass sich diese nicht auf die Einrede der Vorausklage berufen können. Der Vorschrift des § 771 BGB kommt in der Praxis allerdings ohnehin nur geringe Bedeutung zu, da sie dispositiv ist. Banken lassen den Bürgen üblicherweise einen Einredeverzicht unterschreiben. Mit diesem ist es dem Bürgen, auch wenn er nicht Kaufmann ist, versperrt, sich auf die Einrede der Vorausklage zu berufen.

Kommt es dazu, dass der Hauptschuldner zahlungsunfähig wird, so haftet der Bürge selbst, vollumfänglich und unbeschränkt. Er muss mit seinem gesamten Vermögen und sämtlichen Einkünften für die Verbindlichkeit einstehen, sodass sogar eine Lohnpfändung möglich ist. Sich durch einfache Kündigung vom Vertrag zu lösen ist nicht möglich. Der Abschluss eines Bürgschaftsvertrages muss deshalb gut überlegt werden.

Akzessorietätsgrundsatz und Rückgriffsanspruch des Bürgen

Zu den Wesensmerkmalen des Bürgschaftsvertrages gehört auch der Grundsatz der Akzessorietät. Mit diesem juristischen Fachbegriff wird beschrieben, dass der Bürgschaftsvertrag von dem Bestand der Hauptforderung abhängig ist. Ohne abzusichernde Hauptforderung kommt denknotwendigerweise kein Bürgschaftsvertrag zustande. Erlischt die Hauptverbindlichkeit nachträglich (z. B. durch Erfüllung), so geht auch der Bürgschaftsvertrag unter. Dieser Grundsatz wird der gesetzlichen Grundkonzeption des Bürgschaftsvertrages entnommen. Insbesondere die §§ 767 und 768 BGB können als Ausdruck des Akzessorietätsgrundsatzes gesehen werden.

Wird der Bürge durch den Gläubiger in Anspruch genommen, so geht der Anspruch des Gläubigers auf den Bürgen über (vgl. § 774 Abs. 1 BGB). Der Bürge kann sich dann der gesetzgeberischen Konzeption zufolge beim Hauptschuldner schadlos halten. Dieses in der juristischen Fachliteratur häufig als Rückgriffsanspruch bezeichnete Recht erweist sich in der Praxis allerdings in einigen Fällen als wirtschaftlich wertlos. Schließlich erfolgt ein Rückgriff zumeist gerade, weil der Hauptschuldner nicht hinreichend liquide ist.

Formen des Bürgschaftsvertrages

Je nach vertraglicher Ausgestaltung kann zwischen verschiedenen Bürgschaftsarten unterschieden werden.

Der gesetzliche Standardfall wird als Ausfallbürgschaft bezeichnet. Kennzeichnend ist die subsidiäre Haftung des Bürgen, der nur einstehen muss, wenn der Hauptschuldner zahlungsunfähig wird.

Im Gegensatz dazu sieht die selbstschuldnerische Bürgschaft vor, dass auch eine gleichzeitige Inanspruchnahme von Hauptschuldner und Bürgen möglich ist. Die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners spielt hier also keine Rolle mehr. Der selbstschuldnerische Bürgschaftsvertrag birgt das größte haftungsrechtliche Risiko für den Bürgen. Nichtsdestotrotz ist sie die in der Praxis häufigste Form.

Bei der eher selten vorkommenden Höchstbetragsbürgschaft haftet der Bürge nur bis zu einem im Vertrag festgesetzten Betrag. Hierdurch kann also der Haftungsumfang beschränkt werden. Die Höchstbetragsbürgschaft kann auch selbstschuldnerisch abgeschlossen werden.

Ein Bürgschaftsvertrag, der für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Bürgen abgeschlossen wird, heißt Nachbürgschaft. Analog hierzu besteht die Möglichkeit, eine Rückbürgschaft abzuschließen. Diese soll den Rückgriffsanspruch, der dem Bürgen gegen den Hauptschuldner zusteht, absichern.

Sonderfall – Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrages nach § 138 BGB

In der Praxis kommt es durch Veranlassung der Banken häufig zu Bürgschaftsverträgen, die von der gesetzlichen Grundkonzeption abweichen. Das Haftungsrisiko des Bürgen wird durch den Verzicht auf Einreden erhöht. Häufig kommt es deshalb vor, dass sich der Bürge finanziell übernimmt. Unter besonderen Umständen kann dies dazu führen, dass der Bürgschaftsvertrag gegen die guten Sitten verstößt und damit nach § 138 BGB nichtig ist. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs ergibt sich das insbesondere für Fälle der sogenannten Angehörigenbürgschaften. Ein Bürgschaftsvertrag, der wegen der engen persönlichen Verbundenheit zum Hauptschuldner abgeschlossen wird ist nichtig, wenn der Bürge sich finanziell derart übernimmt, dass er im Falle der Inanspruchnahme selbst seinen Unterhalt nicht mehr leisten kann und die Bank diesen Umstand bei Vertragsschluss erkennt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, Az. 1 BvR 1905?02).

Zusammenfassung:

  • Durch den Bürgschaftsvertrag, der zu seiner Wirksamkeit der Schriftform bedarf, steht der Bürge für die Schuld eines Dritten ein.
  • Der Bürge haftet mit seinem gesamten Vermögen, wenn er in Anspruch genommen wird.
  • Der Bürgschaftsvertrag zählt deshalb zu den risikoreichsten Kreditsicherheiten. Ein Abschluss will folglich wohl überlegt sein.
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