Am Laptop und Handy arbeitende Person vor einem Hintergrund von digitalen Visualisierungen von Statistiken und Kursen. Diese Szene spiegelt die dynamischen Veränderungen des Immobilienmarktes im Jahr 2020 wider, wo Büroimmobilien einbrachen, Wohnimmobilien gefragt blieben, Hotelimmobilien gemieden wurden und Logistikimmobilien im Fokus standen.
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Das Immobilienjahr 2020: Plötzlich war alles anders

Büroimmobilienmarkt bricht deutlich ein. Wohnimmobilien noch begehrter. Um Hotelimmobilien wird ein großer Bogen gemacht. Einzelhandelsobjekte trotz Krise gefragt. Logistikimmobilien im Fokus deutscher Anleger.

Das Immobilienjahr 2020: Plötzlich war alles anders

Das Wichtigste im Überblick:

· Büroimmobilienmarkt bricht deutlich ein.
· Wohnimmobilien noch begehrter.
· Um Hotelimmobilien wird ein großer Bogen gemacht.
· Einzelhandelsobjekte trotz Krise gefragt.
· Logistikimmobilien im Fokus deutscher Anleger.

Ein sehr spezielles Immobilienjahr neigt sich dem Ende zu. Denn ein Virus namens Corona hat die Immobilienbranche gehörig in Atem gehalten. Hätte im Januar 2020 jemand geunkt, es käme in wenigen Wochen zu einem pandemischen Krankheitsausbruch, infolgedessen sich die Welt bis auf Weiteres nicht mehr in gewohnten Bahnen dreht, wäre der- oder diejenige für verrückt gehalten worden. Hat wohl zu viele Science Fiction-Filme gesehen, wäre sicher die Reaktion gewesen. Im März 2020 wurde das für unwahrscheinlich gehaltene Schreckensszenario unvermittelt real: Um die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 einzudämmen, ging Deutschland in den Lockdown. Von einem Tag auf den anderen wurde alles anders: Statt zur Arbeit ins Büro zu gehen, setzen sich Millionen Angestellte zuhause vor den Laptop; statt im Restaurant zu essen, wird am heimischen Herd gekocht; statt in der City einzukaufen, führt der Weg noch öfters ins Internet; Geschäftsreisen ersetzen Zoom-Videokonferenzen und Meetings werden per Microsoft-Teams abgehalten. Plötzlich sind Tausende Büros, Hotels, Geschäfte, Restaurants und Cafés verwaist, geschlossen oder können nur partiell unter Beachtung strengster Hygiene-Auflagen genutzt werden. Ein Alptraum für Vermieter und Mieter von Gewerbeflächen, deren Geschäftsmodell darauf basiert, dass die ver- bzw. gemieteten Räumlichkeiten uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

In 2019 lief noch alles bestens

Dabei lief das Immobiliengeschäft im Jahr zuvor hervorragend. Mit einer Gesamtbilanz von über 90 Milliarden Euro verzeichnete der Immobilien-Investmentmarkt in 2019 das beste Jahr aller Zeiten. Die mit Abstand begehrteste Anlageklasse war die der Büroimmobilien mit einem Anteil von 40 Prozent am gesamten Transaktionsvolumen. Danach folgten die Segmente Wohnen (24 Prozent), Handel (12 Prozent) und Logistik (7 Prozent). Auch am Hotel-Investmentmarkt ging es überaus dynamisch zu, der mit umgesetzten 5 Milliarden Euro nach 2016 sein zweitbestes Jahr erlebte Die Fallhöhe war also hoch und die Erwartungen waren groß, mit der die Branche in das Jahr 2020 startete[1].

Erwartungsvoll ins neue Jahr gestartet

Vieles sprach dafür, dass der Immobilien-Investmentmarkt seinen Schwung beibehält: Weiterhin niedrige Zinsen, auslaufende Bundesanleihen im Wert von über 100 Milliarden Euro, für die alternative Investitionsmöglichkeiten gefunden werden müssen, und eine robuste Wirtschaft mit einer Arbeitslosenquote von knapp unter 5 Prozent. Was hätte da schiefgehen können? Der Ausblick der Analysten[2] war entsprechend positiv: Der Büroflächenbestand in den Top 7-Städten werde wegen einer angenommenen Zunahme der Bürobeschäftigten um weitere 2 Prozent wachsen. Zudem kämen 2 Millionen Quadratmeter neugebaute Bürofläche auf den Markt. Überdies würden Hotelimmobilien nach wie vor zu den Lieblingen von Investoren gehören, die aufgrund der großen Nachfrage und des knappen Objektangebots in A-Städten bereit seien, sich finanziell in B-Städten zu engagieren. Auch wäre kein Ende des Booms bei Logistikimmobilien abzusehen. Auf der Einkaufsliste stünden vor allem Spitzenobjekte, für die Kaufpreisfaktoren über dem 24-fachen vorausgesagt wurden. Sorgen bereiteten den Marktkennern allenfalls Handelsimmobilien aufgrund der starken Online-Konkurrenz. Zwar würden die Mieten in den Top-Lagen stabil bleiben - die mit Abstand höchsten Ladenmieten werden mit 320 Euro pro Quadratmeter in 1A-Lagen in München gezahlt; Platz 2 und 3 belegen Frankfurt und Stuttgart mit je 190 Euro[3] -, abseits davon könnte es jedoch zu Anpassungen kommen. Bestnoten bekamen Lebensmittelmärkte und Fachmarktzentren, deren mögliches Transaktionsvolumen auf über 10 Milliarden Euro geschätzt wurde. Gewinner aller Anlageklassen seien Wohnimmobilien, mit Preiszuwächsen von bis zu 15 Prozent, abhängig von der jeweiligen Stadt und Lage. Soweit die Prognosen. Und wie lief es wirklich?

Vertrauen ist trotzdem weiterhin vorhanden

Die bisher vorliegenden Zahlen deuten daraufhin, dass das Immobilienjahr 2020 keineswegs so schlecht ausfällt, wie es die pandemische Lage vermuten lassen könnte. Bis zum Ende des 3. Quartals wurden immerhin Gewerbe- und Wohnimmobilien für 58 Milliarden Euro gehandelt[4], womit der Umsatz den des Vorjahres sogar leicht übertrifft. Ein derart gutes Zwischenergebnis, trotz der vielen Unwägbarkeiten, spricht für das weiterhin bestehende Vertrauen von Investoren in den deutschen Immobilienmarkt. Die Vorhersagen für das Transaktionsvolumen insgesamt reichen bis zu 75 Milliarden Euro[5]. Zwar wären das rund 17 Prozent weniger als in 2019. Angesichts der kaum einzuschätzenden Risiken, wie die Pandemie und ihre Auswirkungen die einzelnen Anlageklassen zukünftig beeinflussen werden, ist dies jedoch ein recht ordentliches Ergebnis.

Lange Bremsspur am Büroimmobilienmarkt

Besonders lang ist die Bremsspur von Büroimmobilien, die das Brot-und-Butter-Geschäft vor allem institutioneller Kapitalanleger sind. Ihr Anteil am gesamten Transaktionsmarkt lag Ende des 3. Quartal 2020 bei gerade einmal 24 Prozent. Die Kaufzurückhaltung war teilweise deutlich spürbar, etwa in Stuttgart (- 48 Prozent), Köln (- 37 Prozent) und Berlin (- 29 Prozent)[6]. Selbst am sonst dynamischen Hamburger Büroimmobilienmarkt ging es erheblich ruhiger zu: Gerade einmal 85.000 Quadratmeter Bürofläche wechselten zwischen Juli und September 2020 den Eigentümer gegenüber 125.000 Quadratmeter im Vorjahreszeitraum. Zugleich ging die Bürovermietung in der Hansestadt um 43 Prozent zurück[7]. Der bisher florierende Büroimmobilienmarkt hat in 2020 bundesweit also einen ziemlichen Dämpfer erhalten. Und ob die Transaktionsvolumina vor Corona wieder erreicht werden, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen auch nach der Pandemie aus dem Home Office heraus arbeiten lassen und dadurch die Nachfrage nach Büroflächen tendenziell sinkt, ist fraglich[8].

Die Grafik zeigt die Ansicht eines Gebäudes mit Loggia aus einem niedrigen Winkel, das eine beige bis sandfarbene Fassade hat.

Wohnimmobilien bei Investoren noch beliebter  

Ganz anders ist die Lage bei Wohnimmobilien, die schon in 2019 weit oben auf der Einkaufsliste von institutionellen und privaten Investoren standen. Im Corona-Jahr gehören sie bei beiden zu den absoluten Favoriten. 33 Prozent betrug ihr Anteil am gesamten Transaktionsvolumen bis zum Ende des 3. Quartals 2020, was einem Plus von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der noch stärkere Run auf Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen hat allerdings seinen Preis: Wer im Frühjahr 2020 in Berlin, Hamburg oder München ein Haus kaufen wollte, musste gut 7 Prozent mehr bezahlen als im Vorjahreszeitraum. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in Großstädten kletterten um über 8 Prozent. Auch in der Peripherie sind die Zeiten moderater Preise für Wohnimmobilien passé: Häuser kosten im Schnitt fast 9 Prozent mehr, Wohnungen knapp 6 Prozent. Günstiger ist allenfalls der Erwerb in dünn besiedelten Regionen mit Steigerungen bei Ein- und Zweifamilienhäuser von rund 5 Prozent und etwa 7 Prozent bei Eigentumswohnungen[9].

Auf der Grafik sind zwei moderne Gebäude in einem tiefen Blau und einem saftigen Orange mit großen Balkonen zu sehen.

Quo vadis Hotelimmobilienmarkt?

Die am stärksten von den Auswirkungen der Corona-Pandemie getroffene Immobiliennutzungsart ist die der Hotels. Abgesagte Messen und Großveranstaltungen, monatelange Reisebeschränkungen und zeitweilige Beherbergungsverbote haben der Branche arg zugesetzt. Bis zum Herbst 2020 war die Auslastung mit knapp 30 Prozent nicht einmal halb so hoch wie im gesamten Jahr 2019[10], in dem es mit rund 495 Millionen Übernachtungen den jemals gemessenen Bestwert gab[11]. Besonders hart trifft es die Stadthotellerie, der neben den Geschäftsreisenden auch die Städtetouristen aus dem In- und Ausland fehlen. Die Preise sind dementsprechend im Keller: Lag der Durchschnittspreis für eine Übernachtung vor Corona in Berlin bei etwa 115 Euro, liegt er jetzt bei rund 32 Euro.[12] Vor 2024 rechnet kaum jemand damit, dass die Hotelumsätze das Niveau vor Corona erreichen. In der Folge reduzieren Investoren ihr finanzielles Engagement: Von Januar bis September 2020 betrug der Anteil gehandelter Hotelimmobilien am gesamten Transaktionsmarkt lediglich 2 Prozent und die Finanzierungen neuer Projekte liegen auf Eis. Mangels Perspektive plant mancher Betreiber sogar die dauerhafte Umnutzung seiner Hotels in Studentenapartments, Pflegeeinrichtungen oder Co-Working-Spaces[13].

Auf dem Bild ist die Frontansicht des Hotel Select in Augsburg zu sehen, einem 4-Sterne-Business- und Tagungshotel zwischen München und Stuttgart.

Einzelhandelsobjekte trotz Krise gefragt

Einzelhandelsgenutzte Immobilien hingegen blieben trotz der für den stationären Handel widrigen Umstände gut gefragt. Mit Transaktionen bis zum Ende des 3. Quartals 2020 im Wert von rund 9,5 Milliarden Euro verzeichnete die Anlageklasse gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von gut 30 Prozent. Hoch im Kurs standen insbesondere Lebensmittelmärkte, Fachmärkte (Baumärkte, Gartencenter, etc.) und Fachmarktzentren sowie Objekte mit einem hohen Mieteranteil aus den Bereichen Lebensmittel und Drogerie. Auch Shoppingcenter in A-Standorten waren aufgrund steigender Renditen bis zu 4,75 Prozent begehrt. In B-Standorten konnten Renditen von bis zu 5,75 Prozent realisiert werden[14]. Ob die positive Entwicklung im kommenden Jahr anhält, bleibt aber abzuwarten. Im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft sind die Prognosen jedenfalls widersprüchlich: Einerseits erwartet der stationäre Handel ein Umsatzplus von etwa 2,5 Prozent gegenüber 2019[15], andererseits blickt gerade der Non-Food-Bereich (Textilen, Schuhe, Elektronik, Spielwaren, etc.) mit Sorge auf die Online-Konkurrenz, die von den verschärften Corona-Auflagen zusätzlich profitieren dürfte[16].

Auf dem Bild ist ein grünes, modernes und lichtdurchflutetes Shopping-Center zu sehen.

Deutsche Anleger entdecken Logistikimmobilien

Sehr gefragt während der Quartale 1?2020 bis 3?2020 waren Logistikimmobilien: Mit 5,6 Milliarden Euro übertraf das mit ihnen erzielte Handelsvolumen das des Vorjahreszeitraums um 14 Prozent. Spitzenreiter unter den Logistik-Hubs sind München (392 Millionen Euro), Berlin (389 Millionen Euro), Frankfurt (330 Millionen Euro) und Hamburg (189 Millionen Euro). Zu den Schlusslichtern zählen Düsseldorf mit 33 Millionen Euro (- 60 Prozent) und Leipzig mit 54 Millionen Euro (- 57 Prozent)[17]. Hinsichtlich der Sektoren gab es starke Unterschiede: Während die Lebensmittelbranche und der Onlinehandel weiter an Bedeutung hinzugewonnen haben, bleibt die der Automobilbranche begrenzt. Für die größte Transaktion außerhalb der großen Umschlagplätze sorgte Amazon in Gera mit dem Bau eines über 150.000 Quadratmeter umfassenden Logistikzentrums[18]. Neu ist, dass sich deutsche Investoren auf dem bisher vornehmlich von ausländischen Kapitalanlegern dominierten Logistikimmobilienmarkt nach lukrativen Objekten umsehen. Die zu finden dürfte angesichts nachgebender Renditen infolge höherer Kaufpreise jedoch in Zukunft schwierig(er) werden.

Luftaufnahme einer modernen großen deutschen Gewerbe- bzw. Logistikimmobilie mit parkenden LKWs, umgeben von Natur. In der Ferne sind angrenzende Dörfer zu erkennen.

Das Immobilienjahr 2020 endet für Investoren folglich mit der Maßgabe, ihre Investitionen noch gründlicher als bisher auf etwaige Risiken zu prüfen, die durch die Corona-Pandemie und deren noch nicht absehbaren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft nicht weniger geworden sind.

[1] www.jll.de/de/presse/immobilien-nachgefragt-wie-noch-nie

[2] www.savills.de/research_articles/260049/293494-0/ausblick-2020—immobilienmarkt-deutschland

[3] www.handelsdaten.de/handelsthemen/einzelhandelsmieten

[4] www.jll.de/de/presse/vorsichtiger-optimismus-kehrt-zurueck

[5] www.jll.de/content/dam/jll-com/documents/pdf/research/emea/germany/de/Investmentmarktueberblick–JLL-Deutschland.pdf

[6] www.jll.de/de/presse/vorsichtiger-optimismus-kehrt-zurueck

[7] www.grossmann-berger.de/marktbericht/gewerbe/hamburg-buero/

[8] https://dzhyp.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Ueber_uns/Marktberichte/DZHYP_Corona-Marktbericht_2020_final.pdf

[9] www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/09/PD20_369_61262.html

[10] www.deka.de/site/dekade_privatkunden_site/get/documents_E853659403/dekade/medienpool_dekade/privatkunden/dokumente/Aktuelles%20%26%20M%C3%A4rkte/Corona/Corona_Immobilienmaerkte.pdf

[11] www.paribus.de/paribus-immobilien-assetmanagement/hotelimmobilien/

[12] www.tophotel.de/trotz-coronakriseweiter-nachfrage-nach-hotelimmobilien-in-berlin-71043/

[13] www.tophotel.de/trotz-coronakriseweiter-nachfrage-nach-hotelimmobilien-in-berlin-71043/

[14] https://news.cbre.de/einzelhandelsinvestmentmarkt-food-food-food-statt-lage-lage-lage/

[15] https://de.statista.com/infografik/23453/umsatz-des-deutschen-einzelhandels-in-den-monaten-november-und-dezember/

[16] www.handelsverband-nrw.de/2020/11/26/das-wars-mit-dem-weihnachtsgeschaeft-2020-oder-gibt-es-noch-hoffnung/

[17] www.realestate.bnpparibas.de/marktberichte/logistik-investmentmarkt/deutschland-at-a-glance

[18] www.jll.de/content/dam/jll-com/documents/pdf/research/emea/germany/de/Logistik-und-Industriemarktueberblick-JLL-Deutschland.pdf

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