Vorfälligkeitsentschädigung

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist mitunter eine der umstrittensten Forderungen, die von Seiten der Bank in Rechnung gestellt werden kann, wenn Kreditnehmer vorzeitig ihr Darlehen kündigen oder zur Gänze tilgen möchten. Doch auch wenn sich die Verantwortlichen viel Kritik gefallen lassen müssen, hat die Vorfälligkeitsentschädigung natürlich auch ihre Berechtigung. Im Sinne der Entschädigungszahlung reagiert die Bank auf einen Vertragsbruch seitens des Kreditnehmers. Kritik wird im Regelfall auch nicht an der Entschädigung geübt, sondern vorwiegend an der Berechnung der Zahlungshöhe.

Die Entstehung der Vorfälligkeitsentschädigung

Noch nie waren die Zinsen so niedrig wie heute. Aus diesem Grund versuchen Kreditgeber, ihre Kunden einerseits davon zu überzeugen, gerade jetzt Kredite (etwa für Immobilien) aufzunehmen und andererseits für diese Darlehen Zinsbindungen zu vereinbaren. Eine Zinsbindung weist den Vorteil auf, dass der Kreditnehmer sicher sein kann, dass sich der Zinssatz - je nachdem, für welche Zinsbindungsfrist er sich entschieden hat - nicht verändern wird. Das ermöglicht eine perfekte Kalkulation der Kosten, da sich die monatlichen Rückzahlungsbeträge nicht ändern. Für den Kreditnehmer bedeutet das eine enorme Sicherheit, für die Bank eine sichere Einnahmequelle, da sich der Kreditnehmer dazu verpflichtet hat, für einen gewissen Zeitraum (5, 10 oder 15 Jahre) einen bestimmten Zinssatz für das Darlehen zu bezahlen.

Berechnungsschemen

Es gibt zwei Methoden zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, die Aktiv-Passiv- und die Aktiv-Aktiv-Methode. Dabei werden Ersatzgeschäfte berechnet, mit denen der entstandene Zinsschaden ausgeglichen werden kann.

  • Bei der Aktiv-Passiv-Methode wird das bereits zurückgezahlte Darlehen (fiktiv) angelegt in Hypothekenpfandbriefe oder ähnliche öffentliche Anleihen. Dadurch ergibt sich eine Differenz zu dem ursprünglich erzielten Ergebnis aus dem gekündigten Darlehensgeschäft.
  • Bei der Aktiv-Aktiv-Methode werden die freigewordenen Mittel als neue Kredite an Kunden weitergegeben (Neuausleihung) und entsprechende Zinsschäden berechnet.

Die so berechnete Vorfälligkeitsentschädigung wird als Forderung an den Darlehensnehmer weitergegeben. Die Praxis hat gezeigt, dass die Aktiv-Passiv-Methode häufiger Anwendung findet.

Die Berechnung der Summenhöhe steht in der Kritik

Möchte der Kreditnehmer aber vorzeitig aus dem Kreditvertrag aussteigen (weil er etwa die Immobilie vorzeitig verkauft, Geld gewonnen oder mitunter eine größere Summe geerbt hat), verliert die Bank Einnahmen, die sie aus der Zinsbindungsfrist erzielen hätte können. Und da die Bank im Regelfall dem Kunden entgegengekommen ist, damit jener keine Angst vor steigenden Zinsen haben muss, reagieren die Verantwortlichen nicht erfreut über derartige Entscheidungen. Wer die vorzeitige Kündigung oder komplette Ablösung seines Kredits anstrebt, muss daher eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen. Die Berechnung dieser Summe ist nicht transparent für den Kunden, setzt sich aber aus den noch zu zahlenden Zinsen bzw. bereits bezahlten Zinsen sowie der geleisteten und noch (fiktiv) zu leistenden Laufzeit zusammen.

Das ist auch der größte Kritikpunkt: Vorfälligkeitsentschädigungen für gekündigte Darlehen können - je nach Bank - unterschiedlich hoch ausfallen und sind nur selten (ohne professionelle Hilfe von Finanzexperten oder Verbraucherschützern) nachvollziehbar. Das hat auch die Verbraucherzentrale Hamburg 2015 in einer Untersuchung festgestellt: "Noch nie waren die Sonderzahlungen so hoch und oft wird zu viel kassiert. Bei rund 40 Prozent der untersuchten Fälle ergab sich eine Differenz von mehr als zehn Prozent zwischen den von den Banken geforderten und den von der Verbraucherzentrale errechneten Vorfälligkeitsentschädigungen."

Was passiert nach dem rechtmäßigen Ablauf der Zinsbindungsfrist?

Nach der vereinbarten Zinsbindungsfrist (5, 10 oder 15 Jahre) bleibt im Regelfall eine Restschuld. Das bedeutet, dass die Zinsbindungsfrist nicht dieselbe Laufzeit wie die Finanzierung an sich haben muss. Der noch offene Betrag kann im Rahmen einer Anschlussfinanzierung finanziert werden. Auch hier besteht die Möglichkeit einer Zinsbindung, wobei zu berücksichtigen ist, dass dieselben Konditionen (keine vorzeitige Kündigung oder Tilgung) bestehen.

Kann man die Vorfälligkeitsentschädigung auch umgehen?

Es gibt jedoch ein paar Tipps und Tricks, wie man der Vorfälligkeitsentschädigung entkommen kann. Nach einer zehnjährigen Laufzeit für ein Darlehen ist die Tilgung oder Kündigung frei von Kosten - eine Entschädigung im Rahmen einer Vorfälligkeitsentschädigung darf also nicht mehr in Rechnung gestellt werden. Die zehnjährige Frist beginnt jedoch erst zu wirken, wenn die gesamte Summe überwiesen wurde, das ist vor allem bei einer Baufinanzierung kompliziert. Hier muss der Verbraucher den Tag berücksichtigen, an dem der gesamte Finanzierungsbeitrag ausbezahlt wurde. Hinzuzufügen ist eine sechsmonatige Kündigungsfrist, sodass eine vorzeitige Kündigung oder Tilgung nur dann kostenlos ist, wenn der Vertrag mindestens 10 Jahre und 6 Monate alt ist.

Eine Vorschreibung gibt es auch dann nicht, wenn der Vertrag von Seiten der Bank gekündigt wurde oder mitunter fehlerhafte Widerrufsbelehrungen im Kreditvertrag vorzufinden sind. Sondertilgungen (also: Sonderzahlungen) sind - je nach Vertragsinhalt - möglich. Jene lösen de facto keine Vorfälligkeitsentschädigung aus, da sich hier nur die Laufzeit des Gesamtkredits verringert, jedoch der Vertrag weiterhin aufrecht bleibt.

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